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Freitag, 23. März 2012

Ahmadinedschad: ZDF lügt uns weiterhin die Hucke voll

Kein Satz wird so häufig mit dem amtierenden Präsidenten Irans, Mahmud Ahmadinedschad, assoziiert wie dieser: Israel muss von der Landkarte radiert werden - Israel must be wiped off the map. Das Problem ist nur - er hat diesen Satz nie gesagt.

Ahmadinedschad hat die Worte für "map" und "wipe off" nie benutzt. Die persische Originalversion von Ahmadinedschads Äußerungen über Israel ist weit weniger martialisch als die Übersetzung, die verschiedene Agenturen verbreitet haben und die wiederum auf der englischen Übersetzung des persischen Originals beruht.

Was also ist passiert? Am 26.10.2005 sprach Ahmadinedschad auf einer Konferenz, die unter dem Motto stand "Die Welt ohne Zionismus". Es waren im Wesentlichen die großen westlichen Nachrichtenagenturen, die die Übersetzung dieser Passage lieferten: Israel von der Landkarte radieren (AFP), Israel von der Landkarte tilgen (AP, Reuters), Israel ausrotten (DPA). Ahmadinedschad sagte jedoch wörtlich: "in rezhim-e eshghalgar bayad az safhe-ye ruzgar mahv shavad."

Das bedeutet: "Dieses Besatzerregime muss von den Seiten der Geschichte (wörtlich: Zeiten) verschwinden." Oder, weniger blumig ausgedrückt: "Das Besatzerregime muss Geschichte werden." Das ist keine Aufforderung zum Vernichtungskrieg, sondern die Aufforderung, die Besatzung Jerusalems zu beenden.
Unter den Tisch gefallen ist auch der Kontext, in dem Ahmadinedschad gesprochen hat. Seine Äußerung war nämlich ein Zitat Chomeinis, und Ahmadinedschad fügte hinzu, dass das israelische Besatzungsregime verschwinden müsse, so wie das Regime des Schah verschwunden sei, wie dies Chomeini einst prophezeit habe. Auch dieser Zusatz macht deutlich, dass Ahmadinedschad nicht die Auslöschung Israels forderte oder die Vernichtung des jüdischen Volkes, sondern einen Regimewechsel. 

Die Reaktion auf Ahmadinedschads angebliche "wipe off the map"-Äußerung fiel deutlich aus: Der israelische Premierminister Ehud Olmert entwickelte das falsche Zitat zu der Behauptung weiter, der iranische Präsident spreche "von der völligen Zerstörung und Vernichtung des jüdischen Volkes" und schlug den Bogen zur atomaren Bedrohung Israels durch Iran. Die unterstellte atomare Bedrohung ebenso wie die mutmaßliche verbale Drohung können so jederzeit einen Angriff auf Iran rechtfertigen.

Englischsprachige Medien haben übrigens auf die falsche Übersetzung hingewiesen. So schrieb Jonathan Steele bereits am 2. Juni 2006 im Guardian: "Er sprach keine militärische Drohung aus. Er forderte ein Ende der Besatzung Jerusalems, irgendwann in der Zukunft."
2008 hatten dann viele Mainstream-Medien eingestehen müssen, dass nur falsch übersetzt wurde - so auch das ZDF. Intendant Markus Schächter musste sogar ein Entschuldigungsmail verfassen, in dem er eingestand, dass die ständige Behauptung über Ahmadinedschad falsch sei:

Zweites Deutsches Fernsehen
Anstalt des öffentlichen Rechts
55100 Mainz
Markus Schächter
Intendant
Mainz, 05. Juni 2008

Sehr geehrte Frau Fikentscher, sehr geehrter Herr Neumann,
herzlichen Dank für Ihr Schreiben vom 7. Mai 2008, das der Fernsehrats-Vorsitzende Ruprecht Polenz an mich weitergeleitet hat.

Sie kritisieren in diesem Brief, dass die Rede des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad falsch übersetzt worden sei. Wir können Ihrer Kritik zustimmen und auch unsere Recherchen kommen zu dem gleichen Ergebnis. Inhaltlich sind auch wir der Meinung, dass Ihre Übersetzung die Aussagen des iranischen Präsidenten wiedergibt.

Ich möchte Ihnen versichern, dass alle Kolleginnen und Kollegen über diesen Vorgang Kenntnis erhalten haben und die Übersetzung entsprechend berücksichtigen.

Ich bedanke mich noch mal herzlich für Ihren Hinweis und würde mich freuen, wenn Sie auch zukünftig unser Programm einschalten.

Mit freundlichen Grüßen
Markus Schächter 

Der ZDF-Moderatorin Susanne Conrad scheint das alles völlig egal zu sein. Im ZDF-Mittagsmagazin am 19. März 2012 wiederholte sie die Lüge (Video) und rundete ihre Diffamierung ab mit der durch nichts belegten Behauptung, der iranische Staat gewähre der IAEA keinen Zugang zu seinen Nuklearanlagen:

[Ahmadinedschad] ist sicher eine der schillerndsten und unberechenbarsten Figuren der internationalen Politik. Öffentliche Reden münden bei ihm in der Regel in Ausfälligkeiten und entsprechenden Eklats. So hat Irans Präsident Mahmud Ahmadineschad den Holocaust vielfach geleugnet und die Absicht bekundet, Israel auszulöschen. Da beunruhigt es nicht nur die Menschen dort, dass Iran keine Kontrolleure der Atomaufsicht mehr in die Nähe seiner Nuklearanlagen lässt, die es [sic] gleichzeitig immer tiefer unter die Erde verlegt. Ist er der Irre, als den viele ihn sehen, ist er für vernünftige Argumente und diplomatische Bemühungen überhaupt empfänglich, oder steuert er uneinsichtig also eben doch auf eine Eskalation, einen Krieg zu? ...

Somit wird deutlich, dass es sich niemals nur um einen Übersetzungsfehler handelte. Die Medien lügen bewusst, um die westliche Welt in einen Krieg gegen den Iran zu hetzen. Selbst wenn die Lügen schon lange aufgedeckt wurden, bleiben sie stur bei ihren Diffamierungen. Es ist ihnen nicht wichtig, dass manche wissen, dass sie lügen. Wichtig ist ihnen nur, die uninformierte Masse mit ihren Lügen zu beeinflussen.


Quellen:

steinbergrecherche.com
sueddeutsche.de
guardian.co.uk

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